Recht auf Anonymität im Internet erneut gestärkt

Das Recht auf Anonymität im Internet ist neu gestärkt. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Beschluss festgestellt. Laut Urteil ist die Beschränkung des Rechts auf Äußerungen, die klar einer Person zuzuordnen sind,  nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Wie kam es zu diesem Urteil?

Ein Psychotherapeut hatte geklagt. Durch eine negative Bewertung auf einem Bewertungsportal sah er sich verunglimpft und klagte auf Entfernung und Schadensersatz. Das Urteil: Der Arzt muss die anonym gepostete Bewertung akzeptieren, so das Oberlandesgericht. Denn: Die Bewertungen beziehe sich nur auf die berufliche Tätigkeit des Klagenden, die Privatsphäre sei nicht verletzt worden.

Die Richter des Oberlandesgerichts machen deutlich, wie wichtig die Anonymität im Netz ist. Aus Furcht vor massivem Druck und Repressalien durch negative Bewertungen würden viele Verbraucher Ihre Meinung lieber nicht frei äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur soll durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entgegen gewirkt werden.

Ein wichtiges Urteil mit möglichen Folgen auch für Bewertungsportale. Wir haben Hermann Hohenberger, Geschäftsführer von dialo.de, zum aktuellen Urteil befragt.

dialo.de:
Herr Hohenberger, Sie sind Geschäftsführer der Bewertungsplattform dialo.de. Wie bewerten Sie das Urteil des Oberlandesgerichts?

Hohenberger:
Das Urteil ist ein ganz klarer und wichtiger Meilenstein im Rahmen der gesamten Diskussion um Klarnamen in sozialen Netzwerken und besonders bei Google+. Nicht nur politisch ist das ein heißes und sehr konträr diskutiertes Thema, es betrifft alle Menschen, die sich frei im Internet bewegen möchten. “Pseudonymität ist ein digitales Menschenrecht” titelte ja kürzlich DIE ZEIT und ich denke, das hat diese Urteil doppelt unterstrichen.

dialo.de:
Hat das Urteil einen Einfluss auf dialo.de? Werden jetzt nur noch anonyme Bewertungen veröffentlicht?

Hohenberger:
Der Vorteil ist, dass sich auf dialo.de die Nutzer selbst entscheiden, ob sie anonym bleiben wollen oder nicht. Unsere Bewerter können sich bewußt gegen ein Pseudonym entscheiden – was zunehmend der Fall ist – und ihre Bewertung über ihr Facebook Profil oder den  Twitter Account bestätigen. Und es ist auch nicht so, dass die Nutzer dann nur negative Bewertungen anonym schreiben und positive Empfehlungen mit ihrem Namen verbinden. Eine Firma aus Nürnberg wäre da ein Beispiel, bei dem sich der Nutzer negativ äußert, aber auf ein Pseudonym verzichtet.

dialo.de:
Trotzdem noch mal nachgefragt, könnte es nicht sein, dass durch diese Urteil eine Welle an anonymen unschönen und beleidigenden Bewertungen über die Online-Bewertungsportale hereinbricht?

Hohenberger:
Anonym oder nicht – Fair play muss immer sein! Und für das Schreiben einer Bewertung gibt es ja bestimmte Richtlinien, an die sich die Nutzer halten müssen. Auch weiterhin werden natürlich alle Bewertungen von unserem Support gelesen und bearbeitet.

dialo.de:
Herr Hohenberger, gibt es etwas, dass Sie Unternehmen, die eine schlechte Bewertung erhalten haben, mit auf den Weg geben möchten?

Hohenberger:
Verständlich, dass Unternehmen in so einer Situation erstmal verunsichert sind. Ganz wichtig: Nicht gleich zum teuren Anwalt gehen sondern erstmal Kontakt mit uns aufnehmen. Wir besprechen dann mit den Unternehmen, wie man ihrem konkreten Fall vorgehen kann.

dialo.de:
Vielen Dank für das Gespräch!